Wenn’s die Kaffeekanne zerreißt, ist das gefühlt eher ein schlechtes Zeichen als ein gutes. So geschehen um dreiviertel sieben auf der vielleicht etwas forschen Fahrt von SPD-Ortsvorsitzendem Josef "Beppo" Auberger durch den so genannten „Stocker-Kreisel“ an einem bis dahin ganz wichtigen Tag für den SPD-Ortsverein Burgkirchen und für den Landtagswahlkampf im Besonderen.
Das „Café Rot“, das traditionelle Format des SPD-Ortsvereins vor Wahlkämpfen in Burgkirchen, sollte auch am 1. September gut organisiert über die Bühne gehen. Doch welchen Sinn macht ein „Café“ ohne Kaffee? Gut, dass die stellvertretende Ortsvorsitzende Theresia Blaschke ebenfalls für eine Kanne des schwarzen Gebräu’s sorgen sollte und dies auch ohne Schwund auf der Hinfahrt schaffte. Lag’s vielleicht am besonnenen Fahrstil von Theresia’s Gatten Helmut oder war es einfach nur Glück? Gehen wir also ruhig mal von Besonnenheit aus, was junge Rentner durchaus auszeichnet.
Trotz frühmorgendlichem Schock über eine zerstörte Kaffeekanne klappte schließlich dann doch alles so ziemlich wie am Schnürchen. Unser Stargast, Landtagskandidat Jürgen Gastel, war auch schon frühzeitig vor Ort, konnte jedoch nicht mit seinem „Doppelt gut“-Fahrzeug den erhofften Eye-Catcher verbuchen. Das Auto mit der Wahlkampfbemalung sei, so wie er sagte, "gehackt" worden. In Zeiten von elektronisch hochgerüsteten Mobilfahrzeugen hört und liest man immer wieder davon, dass Cyber-Gangster die Kontrolle über das Betriebssystem übernehmen und das Fahrzeug dann zum Stillstand bringen. Wie lange es in der Werkstatt dauert, das Auto wieder in Gang zu bringen, ist scheinbar nicht absehbar, Jürgen befürchtet sogar den kompletten Ausfall bis zur Landtagswahl. Und das wären – Stand heute – nochmal ganze vier Wochen.
Pünktlich trafen nach und nach die weiteren Wahlkämpfer ein. Albert Stoiber mit einem eleganten Käppi, Gemeinderat Klaus Kölbl wie üblich auf dem Fahrrad und, wie schon erwähnt, Theresia Blaschke, die sich samt Ehemann aus den Untiefen der Tiefgarage hocharbeitete. Unverhoffte Unterstützung erfuhr das Team in den ersten Stunden auf Eigeninitiative durch Franz S. Mayer – das S. steht übrigens für Seraphin – von der UBB, den Unabhängigen Bürgern Burgkirchen’s, die gleichzeitig Fraktionspartner der SPD im Gemeinderat sind. Als dann plötzlich auch noch Stefan Bonauer am Stand erschien – der Stefan ist ein Stellvertreter von Jürgen im SPD-Unterbezirk Altötting – war man auf den erhofften Besucherandrang bestens gerüstet.
Beschirmt durch den roten Pavillon wurde auch die Umfrage, die zum ersten Mal an einem „Café Rot“ durchgeführt wurde, gestartet. Auf die Frage „Was beschäftigt bzw. ärgert die Menschen in Burgkirchen?“ hatten die Besucherinnen und Besucher die Wahl aus fünf Themen, wobei sie durch den Einwurf von zwei roten Kugeln in die dafür vorgesehenen Plexiglas-Säulen ihre persönlichen Interessen zum Ausdruck bringen konnten. Arbeitsplätze und Wirtschaft, Wohnen und Immobilien, Nahversorgung und Gastronomie, Mobilität und Einkaufsmöglichkeiten sowie Andere Themen, wie z. B. Spielplätze, Bolzplätze, Treffpunkte für die Jugend, wurden entweder schnell abgehandelt oder zum Teil ausgiebig diskutiert.
Das war ja auch Sinn und Zweck der Übung – mit den Menschen direkt ins Gespräch zu kommen, um ihre Sorgen und Nöte, Erfahrungen und Befürchtungen kennenzulernen. Gleich zweimal war ein Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhof’s am Stand, doch die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der AfD wurde klar und deutlich ausgeschlossen. „Handig“ wurde ein Besucher, der sich über den Wahlkampfslogan der BayernSPD „Feuerwehrler und Krankenschwestern wählen SPD“ massiv echauffiert hatte. Dass der Jürgen Gastel selber der Freiwilligen Feuerwehr Neuötting angehört, hatte der Besucher geflissentlich überhört. Bemerkenswert war auch die Entscheidung einer Dame, die beide Kugeln unter „Anderes“ eingeworfen hatte. Auf die Nachfrage, was der Grund dafür wäre, kam es wie aus der Pistole geschossen: „Unhöflichkeit!“ Die Menschen seien einfach unhöflich gegenüber Migranten und Menschen mit anderer Hautfarbe. „Die Dunkelhäutigen sind genauso Menschen wie Du und ich.“ bekräftigte die Dame ihre Meinung und hat damit mit Sicherheit recht.
Zwischenzeitlich konnte auch die Umfrage ausgewertet werden. Die Beteiligung war aus Sicht des OV-Vorstands recht gut, immerhin haben gut sechzig Leute abgestimmt. Und wären etwas mehr Kugeln zur Verfügung gestanden, so wären gegen Mittag noch mehr Besucherinnen und Besucher an den Stand geholt worden, was das Ergebnis noch repräsentativer gestaltet hätte. An der Spitzenposition hätte sich jedoch kaum mehr was geändert, denn „Nahversorgung und Gastronomie“ lag um kurz nach zehn schon deutlich in Führung. Das Ergebnis im Detail:
Doch wie repräsentativ ist das Ergebnis wirklich? Der Anteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemessen an der Einwohnerzahl Burgkirchen’s liegt bei 0,52 %, was statistisch gesehen noch nicht ganz ausreichend wäre, jedoch gibt es bereits eindeutige Trends wieder. Dass sich „Nahversorgung und Gastronomie“ durchsetzen könnte, hatte man bereits in vielen Gesprächen in der vergangenen Monaten raushören können. Zu viele Mitbürgerinnen und Mitbürger aus den Ortsteilen Hirten, Holzen, Gendorf und auch von der Oberen Terrasse gaben immer wieder an, wie sehr ihnen ein Laden für die wichtigsten Bedürfnisse des Lebens oder auch ein Café fehlen würde.
Nicht weit weg vom Spitzenplatz rangiert „Arbeitsplätze und Wirtschaft“ auf Platz 2. Wäre die Veranstaltung nicht auf dem Wochenmarkt, sondern vor dem Zentraltor des Chemieparks abgehalten worden, hätte das Ergebnis sicher anders ausgesehen. Es kommt deshalb in der Interpretation auch immer auf die Zielgruppe an, dieser Aspekt ist immer zu berücksichtigen. Dass es in Burgkirchen auch an Einkaufsmöglichkeiten mangelt bzw. die Mobilität, z. B. per ÖPNV, zu den wenigen Geschäften am Ort als schlecht erachtet wird, wurde ebenfalls deutlich. Das Thema „Wohnen und Immobilien“ hingegen scheint die Burgkirchner und Burgkirchnerinnen am wenigsten zu stören, auch wenn aufgrund der Inflation und der gestiegenen Kreditzinsen der Traum vom Eigenheim für manche junge Familien erstmal zurückgestellt werden musste. Interessant wäre dann noch die Aufarbeitung des Punktes „Anderes“, der mit 14 % relativ hoch ist und hinter dem sich noch Potential verstecken könnte. Als Beispiele wurden in der Umfrage „Spielplätze, Bolzplätze, Treffpunkte für Jugend“ genannt, das sich stark an Kinder und Jugend orientiert hat. Eine genauere Untersuchung könnte noch weitere wichtige Themen zu Tage fördern.
(Josef Auberger)